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Freiheit wie Füße

Ina Kitroschat

 

Schritte hallen in den Fluren als sein sie nicht vorhanden. Wieso auch?

In meinem Kopf haben sie keine Relevanz, weil mein Geist schon längst auf Reisen ist.

Denn: was ist schon ein Geist, der nicht auf Reisen ist?

Er ist wie Füße, die nicht barfuß laufen.

Freiheit ist doch das, was du zwischen deinen Zehen spürst, wenn dir schlammiger Morast und frische Hundescheiße zum ersten Mal zwischen den Zehen kleben!

Erst dann weißt du, was Leben ist. Ja, DANN weißt du was Leben ist!

 

Und vorher weiß dein Kopf nicht, was dein Fuß tut. Weil er so ausgeruht im Schuh doch nichts als schlafen kann. Und er träumt dabei den Schlaf der gerechten Füße und weiß bei alledem doch nichts von der Moral!

Weil Moral erst da ist, wenn du draußen bist, wo das Außen ist,

und dort einen Schritt nach dem Nächsten tust.

Laufen, hinfallen, aufstehen…

Laufen, hinfallen, aufstehen…

Laufen, hinfallen, aufstehen…

 

Und währenddessen tanzt mein Geist durch all den Dreck

Deiner verstaubten Gedankengassen und meiner anerzogenen Moralhauptstraßen, die mich schon viel zu lange gebändigt halten, ja, die mich schon VIEL ZU LANGE gebändigt halten!

Mit diesen Socken des Versteckenspielens und den Sneakers aus Mamas doofen Regeln

Und diesen Barrieren in meinem Kopf,

die darin wie sperrige Riegel lagern.

Stecke ich mir einen von ihnen in den Mund,

schmeckt keiner von ihnen nach Schokolade!

Sie bereiten mir bloß Maulsperre: (nuscheln) Keinen Satz kriege ich heraus!

Dabei wollte ich dir doch sagen, was das mit der Unfreiheit für eine Scheiße ist!

 

Deine Füße hab ich deshalb noch nie nackt gesehen, hab noch niemals ihren Schweiß gerochen!

Hab noch nie einen wackelnden Zeh gespürt und im frischen Gras sein Rascheln vernommen.

Mein Fuß ist nackt doch wunderschön, hast du dich einmal nackt gesehen?

Bist du barfuß mal einen Schritt gelaufen, auch einen kurzen, vorsichtigen, zarten?

Träumtest du mal Freiheitsträume, die dir selber galten?

Ließest deine gedankenverlorenen Gefühle nichts als seidig-weiche Ehrlichkeiten tragen?

 

In meinem Kopf gibt es nichts Schöneres als die Freiheit und an jungen Füßen nichts Wahreres als die Unbefangenheit. Also:

Wann lernst du endlich das Selberlaufen? Wann lässt du los? Wann gehst du frei?

Mit dem befreienden Frühlingswind an deinen Füßen und dem raschelnden Gras an deinen Beinen.

 

Wenn du fällst, dann lass dich fallen,

denn wenn du fällst, fällst du nicht hin.

Wenn du fällst. Dann lass dich fallen,

wenn du fällst, fällst du ins Gras,

das sich Freiheit nennt.

Die Meinungsfreiheit

Ina Kitroschat

 

Hinter dem Tor, vor dem ich jetzt steh, ruft die Meinungsfreiheit euphorisch: „Hallo“.

Das macht mich verdutzt und ich muss erstmal schlucken. Ich schaue sie an und frage: „Wieso…. sagst du das?“ Sie sagt: „Warum nicht?“ und „Was guckst du denn so als juckt es dich wo?“ Ich denk mir so: „Mo… Moment!“, weil etwas nicht stimmen kann, wenn jemand weltoffen am Gatter steht und das Tor aufdreht. Da ist’s doch zu spät noch träge zu winken!

 

Hinter dem Tor, in das ich jetzt trete, steht sie und heißt Grete. Das macht mich verdutzt und ich muss erstmal schlucken. Sie lächelt mich an und serviert grad Kaffee.

Ich sag: „Warum nicht?“ und: „Ich komme herein. Hast du auch Likör? Der verleiht mir Gehör, wenn ich von den Dächern pfeifen will wie mir der Schnabel gewachsen ist!“

Da lacht sie und sagt: „Es ist nie zu spät mir für die Freiheit einen zu zwitschern.“

 

So zwitschern wir beide unsere Fragen heraus

Über die Presse, die Kultur, völlig gradeaus.

Über den Witz und die Satire und den Widerstand

Über sich selbst zu lachen in dem hiesigen Land.

 

Und dann sagt Grete zu mir: „Du, lieb mich einfach!“

Und ich sage zu ihr einfach: „Ja!“

Und Grete sagt: „Das ging ja einfach!“

Und seitdem bin ich für sie da.

 

Wir zwitschern und vögeln nun hinter dem Tor,

laden alle zur Liebe ein.

Es ist hier jetzt freier als zuvor,

doch hilft es nichts prüde zu sein…