Ina Kitroschat

Goldene Abendröte. Die Schatten der Bäume starren mich an, wie die greifenden Arme dunkler Kreaturen, doch liegt ein Hauch Verzauberung in der Luft. Ich seh in den Himmel und das letzte Blau erinnert an einen milden Tag, einen Tag wie eigentlich immer, ein Stück gestern. Der Morgen sieht schon wieder ganz anders aus… Ich öffne das Fenster um ein wenig duftende Abendluft zu erhaschen, so seicht und kühl, doch sie tut weh…
Ich schaue erneut in den Sonnenuntergang, sehe die goldrote Farbe der Sonne, so pulsierend wie die Liebe, doch ich spüre Schmerz. Angst vor dem großen Wandel… Mutter Natur’s Schoß ist wund gescheuert von der Menschheit, so oft hat sie versucht uns zu lieben und wurde immer wieder verletzt.
Wie töricht wir doch alle sind. Stumpf geht ein alter Herr seiner Wege, verbittert von der Grauheit des Lebens, gezeichnet von Krieg und Elend und gedemütigt von seinen Gefühlen. Es wird dunkel…
Da drüben, – ein Rabe vor meinem Fenster, er guckt mich still an, legt den Kopf schief und schaut mit treuen dunklen Augen. Ich spüre Hoffnung, ich spüre Fürspruch. Warme Gefühle… Flügelschlagen – es ertönt ein Krächzen, still schaut er direkt in meine Augen, als wolle er sagen, alles wird gut, die Menschheit bemerkt… Eine Freudenträne kullert und ich lächel ihn an. Erneutes Flügelschlagen und er fliegt davon in den Abend. Die Welt, so wie wir sie kennen, erstickt, die Straßen werden leer. Ich zünde eine Kerze an. Nur aus meinem Zimmer leuchtet noch ein Licht, ihr Schleier scheint die ganze Welt zu umschließen…